Sultanat Delhi

Sultanat Delhi
Sultanat Delhi
 
Nach ersten islamischen Eroberungsversuchen im 8. Jahrhundert gelang es um 1000 dem afghanisch-türkischen Herrscher Mahmud von Ghazni, die nordwestlichen Randgebiete des indischen Subkontinents für den Islam zu erobern. Erst zu Beginn des 13. Jahrhunderts erfolgte dann jedoch mit der Gründung des Sultanats Delhi die erste dauerhafte islamische Großstaatenbildung in Indien. Durch die Eroberung der Rajputenkönigreiche Nordindiens wurde damit ganz Nordindien in einem zentralistischen Staatswesen vereinigt. Diesem gelang es beinahe zwei Jahrhunderte lang, Indien gegen die Eroberungszüge der Mongolen, die ansonsten fast ganz Asien heimsuchten, abzuschirmen. Zugleich wurden tief greifende politische, soziale und ökonomische Veränderungen zulasten der alten feudalen Kastengesellschaft durchgesetzt. Obgleich das Sultanat Delhi ein islamischer Staat war, praktizierte es eine Politik der religiösen Koexistenz. Dafür war u.a. kennzeichnend, dass seine Institutionen säkularer Natur waren. Selbst das Rechtswesen orientierte sich zwar am islamischen Recht, der Scharia, beinhaltete aber zahlreiche indisch-hinduistische Regelungen. Indien, das zuvor stark abgeschottet gewesen war, wurde wieder der Außenwelt geöffnet. Dazu gehörte auch, dass die Herrscher von Delhi den Handel tatkräftig förderten.
 
Das Sultanat Delhi prägte die indische Geschichte vom frühen 13. Jahrhundert bis ins 16. Jahrhundert ganz wesentlich. Es wurde 1206 durch den General des türkischen Sultanats Afghanistan, Qutb-ud-din Aibak, errichtet. Seine Nachfahren (die Sklavendynastie) regierten Delhi von 1206 bis 1290. Unter der folgenden türkischstämmigen Dynastie der Khilji (1290-1320) erreichte das Sultanat seine größte Macht und Ausdehnung. Es beherrschte ganz Nordindien und Teile Zentral- und Südindiens. Nachdem die ersten Sultane sich noch ganz auf eine Führungsschicht aus türkischstämmigen Notabeln gestützt hatten, wurde nun auch der indische Adel in leitende Positionen aufgenommen, sodass ein indo-muslimischer Staat entstand. Unter der indisch-türkischen Dynastie der Tughluq (1321-88) setzte sich diese Entwicklung fort. Immer mehr ethnische und kulturelle Gruppen fanden Zugang zur Staatsführung. Dadurch ging jedoch die Geschlossenheit der Elite ebenso verloren wie das gemeinsame Staatsideal. Ein langsamer Niedergang war die Folge, der in der Eroberung des Sultanats durch die nach Indien einfallenden Mongolen unter Timur im Jahr 1398 endete. Es entstanden zahlreiche kleine islamische Staaten.
 
Das Sultanat Delhi war in der Folge unter der türkischen Dynastie der Sayyids (1414-50) auf den Umkreis der Stadt Delhi beschränkt. Die aus Afghanistan stammende Herrscherfamilie Lodi (1450-1526) brachte ihm dann einen letzten Aufschwung. Delhi stieg noch einmal zur Vormacht in Nordindien auf. 1526 wurde es jedoch durch den Großmogul Babur erobert und bis 1556 endgültig dem nun Indien beherrschenden Mogulreich eingegliedert, das seinerseits die durch das Sultanat Delhi vorbereitete Blüte islamischer Staatskultur in Indien bildete.

Universal-Lexikon. 2012.

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